Recensione/Review
“CHANGE OF MOOD”
Natürlich denkt man bei den ersten Tönen gleich an Coltrane. Es ist wirklich verblüffend, wie die Italienerin Carla Marciano es versteht, auf ihren Saxophonen den Tenorgiganten aufleben zu lassen, unterstützt insbesondere durch den Pianisten Alessandro la Corte, der, na wie wohl? Cluster wie McCoy Tyner zu spielen weiß.
Carla Marciano tut etwas kluges: sie spielt auf Change of Mood nur eigene Kompositionen, wodurch sie vermeidet, dass der Hörer einen direkten Vergleich mit Coltrane zieht. Den kann jeder (oder wie in ihrem Fall jede) nur verlieren. In ihren eigenen Kompositionen auf dem Album erinnert sie an Coltrane, aber sie imitiert ihn nicht, und das genau ist der richtige Weg. Zudem ihre Kompositionen durchaus das Zeug zum Klassiker haben.
Warum spielt überhaupt jemand wie Coltrane? Warum denn nicht? Jeder große Saxophonist steht in einer Tradition, seien es Lester Young, Ben Webster, Coleman Hawkins, Sonny Stitt oder Charlie Parker, und natürlich auch Coltrane, dessen Genie erst in seiner späten Zeit ab etwa 1960 erwachte. Dass Carla Marciano sich Trane als Stilikone erwählt hat, zeigt, dass sie um ihre Fähigkeiten weiß.
Die acht Stücke des Albums, allesamt Kompositionen der Saxophonistin, bieten duch ihre Länge viel Raum, sowohl für sie, als auch für Alessandro la Corte. Mit dem modalen Blues “Hypnotic Touch” im 6/4 Takt beginnt das Album, das den Hörer immer wieder erstaunen lässt, was aus der John Coltrane Tradition heraus auch heute, mehr als 40 Jahre nach seinem Tod, für Musik gemacht werden kann. Das zweite Stück, “Change of Mood”, tut genau das, was der Titel verheißt, es ändert sich der Takt und es ändert sich auch die Intonation, hier klingt Marciano in ihrem ersten Solo mehr wie Wayne Shorter auf dem Sopransax, dafür dann im zweiten wie Coltrane.
Mein Favorit auf dieser durchgehend famosen Platte ist ohne Zweifel Unaware, ein Stück, dessen Tempi von 6/8 zu 4/4 und zurück changieren und das klar an “My Favourite Things” erinnert. Hier zeigt das Quartett, was es zu spielen im Stande ist, zum einen ist da La Corte zu nennen, der McCoy Tyner so nah wie nur möglich kommt, zum anderen natürlich Carla Marciano, die auf großartige Weise das Hymnische in Coltranes Musik zitiert. Der Höhepunkt des Stückes ist eine lange Passage, in der nur Saxophon und Schlagzeug spielen, um dann am Ende Bass und Piano wieder mitaufzunehmen.
Change of Mood ist ein wirklich grandioses Album, und man kann der Musikerin und ihrem 4tett nur wünschen, dass sie auch international eine feste Größe in der Jazzwelt werden.